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Wenn man den Wandel zur Digitalisierung verschläft ...

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Kämpfen – das scheint die passende Beschreibung zu sein, wenn der Blick auf heutige Zeitungs- und Zeitschriftenverlage fällt. Weil sie gegen den Niedergang des Printgeschäfts kämpfen, gegen die Umsonst-Kultur von Online, das nicht in Fahrt-Kommen-Wollen von Tablet-Publikationen. Die Digitalisierung des Contents scheint das Problem zu sein. Aber das ist ein Denkfehler. Die Frage (auch für Verlage – wie aber auch für viele andere Unternehmen) lautet: Wer ist meine Zielgruppe und wie erreiche ich sie?

Verlage sind ein Paradebeispiel dafür, was mit Unternehmen passiert, die den Wandel zur Digitalisierung nicht rechtzeitig erkennen und denen die Zielgruppen weglaufen. Denn Verlage sind letztlich normale Unternehmen mit einer speziellen Rolle als Bewahrer und Bewacher der Demokratie und der Gesellschaft. Aber auch Verlage müssen wirtschaftlich arbeiten.

Digitalisierung: Eine Frage der Zielgruppe

Um zu verstehen, was die besondere Funktion eines Verlags in der Gesellschaft ist, reicht ein intensiver Blick hundert Jahre zurück. Zu der Zeit gab es kein Radio, Fernsehen, Internet oder Facebook. Neuigkeiten gab es mündlich oder aus der Zeitung. Zu dieser Zeit passt der Satz: Was nicht in der Zeitung steht, ist nicht passiert.

Ein Verlag hält zu dieser Zeit mit seiner Zeitung den goldenen Schlüssel in der Hand, über den sich hunderttausende Menschen direkt erreichen lassen. Mangels Radio, Fernsehen und Internet war das sogar fast der einzige Weg, um Massen zu erreichen. Und somit war eine Zeitung für alle Unternehmen höchst interessant, die auf neue Produkte und Dienstleistungen hinweisen wollen. Außer Plakatwerbung, Flugblätter und erster Kinowerbung gab es damals kaum andere Möglichkeiten der Werbung.

Ein Verlag bedient also zwei Bedürfnisse: Die nach Information seiner Leser und die der Hersteller, für Produkte werben zu können. Deswegen haben Zeitungen und Verlage funktioniert: Weil Firmen Geld für Werbung ausgeben, um Kunden ansprechen zu können. In den seltensten Fällen können sich Zeitungen und Zeitschriften nur aus den Einnahmen der Leser finanzieren. Ohne Werbung sind sie so gut wie tot.

Aber: Firmen benutzen Verlage nur als Mittler, um Endkunden zu erreichen. Die Zeitung ist dazu nur ein Vehikel. Wenn das gut funktioniert, weil man Menschenmassen erreicht, an die man sonst nicht rankommt, dann geht es Verlagen gut. Gibt es andere Wege, an diese Menschen heranzutreten, stehen Verlage in Konkurrenz dazu und müssen um die Werbung kämpfen.

Die richtigen Wege führen heute zum Ziel

Heutzutage gibt es für Firmen viele Wege, Endkunden anzusprechen. Radio, Fernsehen und gerade das Internet mit Portalen, Social Media-Kanälen, Smartphone-Plattformen und Apps bieten interessante Alternativen zur Zeitung. Insbesondere, weil nur noch ältere Leute Zeitungen und Zeitschriften lesen und junge Leute so unerreichbar sind. Auch deswegen gehen Werbeeinnahmen bei Verlagen zurück: Die Zielgruppen wandern in andere Kanäle ab.

Das zeigt: Verlage waren in der Vergangenheit Torwächter für ihre Leserschaft. Wenn man an diese Menschen herantreten wollte, musste man am Wächter vorbei und zahlen. Das ist längst nicht mehr der Fall. Das Internet hat dies verschärft: Radio und Fernsehen waren keine echte Alternative zur Tageszeitung – Webseiten und Social-Media-Plattformen sind es. Und weil gerade junge Leute mit Smartphone und Internet aufwachsen und gar keinen Anlass sehen, zu Papier zu greifen, stehen die Verlage vor dem Problem, kein attraktiver Partner für den Zugang zu lukrativen, jungen Zielgruppen zu sein.

Nun, das ist Verlagen natürlich nicht verborgen geblieben und die Entscheidung, "auch" ins Internet zu gehen, ist bei vielen schnell gefallen. Man hat ja reichlich "Content", den man auf die neue Plattform hieven kann. Diese Ansicht ist weit verbreitet und falsch – ein Kardinalfehler.

Alter Wein in neuen Kanälen schmeckt nicht

Schon von "Content" zu sprechen, zeigt, dass man journalistische Arbeit als Fließbandprodukt betrachtet, das man beliebig verwerten und verarbeiten kann. Es steckt kein Qualitätsanspruch dahinter. Man möchte nicht für guten Journalismus stehen, sondern für günstigen. Man möchte als Verlag möglichst wenig verändern und dennoch die Früchte aus dem Online-Geschäft ernten. Das geht natürlich gründlich schief, weil man online nicht mit anderen (Print-)Verlagen konkurriert, sondern mit reinen Online-Anbietern, die ein kriselndes Printgeschäft nicht im Schlepptau haben und vor allem mit Begeisterung ihrer neuen Sache nachgehen. Sie schaffen neue Zielgruppen, weil Sie begeistern und Neuland betreten. Das finden Leser und User spannend und folgen gerne.

Wie konnte Youtube so erfolgreich werden? Wieso hat Facebook mehr Kunden als alle Verlage der Welt? Auch Google ist keine Verlagspflanze. Sie werden sich fragen: Sind das denn Konkurrenten von Verlagen? Ja, aus Sicht der Werbewirtschaft, aus Sicht von Firmen sind sie es, denn über sie erreichen Unternehmen ihre Zielgruppe. Google verdient damit Milliarden und konnte nur über Werbeeinnahmen so groß werden.

Die einzigartige Stellung eines Verlags als Torwächter zu einer Masse von Menschen gibt es nicht mehr. Und sie braucht es auch nicht mehr. Wenn WhatsApp Millionen junger Leute erreicht, dann schwenken Firmen zu dieser Plattform. Und da die Budgets für Werbung nicht unendlich sind, werden die Gelder dort abgezogen, wo sie nicht mehr genug Ertrag bringen.

Die Inhalte müssen stimmen

Und jetzt? Ist das das Ende der Zeitschriften- und Zeitungsverlage? Nein, solange sie Zielgruppen haben, die online oder digital so nicht erreichbar sind (nehmen wir etwa die Landlust, die funktioniert auch werbetechnisch prima) und Inhalte erzeugen, die es in anderen Medien in der Qualität, Zusammenstellung und Ausführlichkeit nicht gibt. Damit erarbeitet man eine sich "Community" oder "Audience", die die Inhalte schätzt und für Werbetreibende interessant ist.

Die Antwort lautet aber Ja, wenn man Inhalte nur als billigen Content betrachtet und damit in Konkurrenz zu vielen anderen Medien steht, die diese evtl. qualitativ besser, ausführlicher und sogar gratis anbieten. Verlage müssen mit Ihren Produkten (also Zeitungen, Zeitschriften, Webseiten, Online-Communitys, ...) Zielgruppen schaffen, die andere Medien nicht haben. Darüber werden Sie interessant für Werbetreibenden und bauen sich damit eine wirtschaftliche Grundlage, um bestehen zu können.

Und es spielt dabei keine Rolle, ob die Inhalte auf Papier gedruckt werden oder nicht. Die Inhalte formen eine Community und die Community ist für andere interessant, um Werbung machen zu können. Das war vor hundert Jahren schon so, auch wenn das damals nicht so allgemein gesehen wurde. Deshalb kann man mit Papier auch heute sehr erfolgreich sein, aber es liegt dann nicht am Papier.

Nur wer wirklich versteht, dass man nur als Torwächter einer selbst geschaffenen Community langfristig bestehen kann, wird als "Verlag" - oder wie auch immer man das dann nennen wird – überleben.

Was heißt das für Unternehmen?

Wer als Unternehmen neue Kunden sucht, braucht die richtigen Inhalte auf den richtigen Plattformen – denn dort sind sie oder werden sie sein, die Kunden. Werbung in Form von Bannern funktioniert online allerdings wesentlich schlechter als eine großformative, farbige Anzeigen in einem Magazin.

Der Trick sind redaktionelle Inhalte, die echten Nutzwert haben, und dennoch auf die eigenen Webseiten, Produkte und Lösungen verweisen. Diese Inhalte müssen nicht (und sollten auch nicht) auf den eigenen Webseiten stehen, sondern auf den Seiten und in Medien, auf denen die Zielgruppen unterwegs sind.

Deswegen ist es wichtig, alle modernen Medien in die Marketing-Planung einzubeziehen. Denn nur so finden Sie Ihre Kunden und können erfolgreich auf sich aufmerksam machen.

Headerbild: Fotolia / denisismagilov

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